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Umbau des Ludwigskreisels Saarbrücken: eine weitere phantasielos vertane Chance

Die Landeshauptstadt beginnt in diesen Tagen mit dem Umbau des Ludwigskreisels. Mit sehr großzügiger finanzieller Unterstützung durch die Landesregierung soll der Kreisverkehr um eine zusätzliche Fahrbahn erweitert werden. Wir sehen hier eine „riesige Chance vertan“. Stadt und Land hätten in diesem Bereich beispielhaft zeigen können, wie gute Ansiedlungspolitik im Zentrum einer Großstadt auch ohne mehr Autoverkehr funktionieren kann. ADFC, BUND, Fridays for Future, FUSS e.V., Parents for Future, Radelkollektiv und der VCD rufen gemeinsam zu einem Baustopp auf.

Die Landeshauptstadt beginnt in diesen Tagen mit dem Umbau des Ludwigskreisels. Mit sehr großzügiger finanzieller Unterstützung durch die Landesregierung soll der Kreisverkehr um eine zusätzliche Fahrbahn erweitert werden, veranschlagte Kosten: 1,3 Mio. Euro. Anlass der Baumaßnahme ist die Errichtung neuer Bürogebäude im Quartier Eurobahnhof, weshalb ein erhöhtes Verkehrsaufkommen erwartet wird. Mehrere Umwelt- und Verkehrsgruppen sehen in dieser Baumaßnahme allerdings ein völlig falsches Signal. Die in Saarbrücken dringend nötige Verkehrswende, zu der sich auch die regierenden Parteien (CDU, Grüne, FDP) in ihrem Koalitionsvertrag bekannt hätten, würde durch das Vorhaben konterkariert. Hier koste der Umbau einer einzigen Verkehrsanlage mehr, als für die Förderung des Radverkehrs insgesamt für ein Jahr im Bereich der Landeshauptstadt zur Verfügung stehe, kritisieren ADFC, BUND, Fridays for Future, FUSS e.V., Parents for Future, Radelkollektiv und der VCD.

Die Verbände und Gruppen sehen außerdem eine „riesige Chance vertan“. Es gäbe kaum ein so gut an den Öffentlichen Nahverkehr angeschlossenes Gewerbegebiet wie das Quartier Eurobahnhof. Zum Bahnhof, zum Saarbahn-Haltepunkt und zu den Bushaltestellen seien es nur wenige Schritte. Für 1,3 Mio. Euro hätten Stadt und Land in diesem Bereich beispielhaft zeigen können, wie gute Ansiedlungspolitik im Zentrum einer Großstadt auch ohne mehr Autoverkehr funktionieren kann. Wenn nun die Anfahrt mit dem Auto noch erleichtert werde, drohe sogar, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der im Quartier Eurobahnhof ansässigen Unternehmen wieder aufs Auto umsteigen würden. Auch sei zu erwarten, dass der Parkdruck im angrenzenden Wohngebiet Rodenhof weiter unnötig steigen werde.

Angesagt sei vielmehr verkehrsplanerische Kreativität und städtebaulicher Weitblick. So könnten öffentliche ebenso wie private Arbeitgeber ihre Angestellten durch Jobtickets attraktive Angebote für den öffentlichen Verkehr machen. Ein Vorreiter hierfür sei das Land Hessen, das allen seinen Beschäftigten das kostenlose Landesticket bereitstelle. Die Gruppen haben aber auch noch andere Ideen zu bieten, z.B. einen überdachten Gehweg entlang der Europaallee, ein Leihrad- und -rollersystem, autonom fahrende Minibusse im Quartier, einen Ausbau der Fahrradboxen am Nordeingang des Bahnhofs, den Ausbau der Radwege zum Eurobahnhof über den Ludwigskreisel (einschließlich einer intelligenten Ampelschaltung, die nicht bloß den Autoverkehr optimiert, sondern auch dem Rad- und Fußverkehr angemessene Querungszeiten offeriert). Auch wenn an einigen Stellen kleine Verbesserungen für den Radverkehr angedacht seien, laufe die Gesamtplanung in die völlig falsche Richtung.

Die Gruppen rufen deshalb zu einem Baustopp auf, um noch einmal und dann unter Bürgerbeteiligung über das Vorhaben nachzudenken. Die gewonnene Zeit könne auch dazu verwendet werden, einen Blick in den vor noch nicht einmal fünf Jahren vom Stadtrat gemeinsam verabschiedeten Verkehrsentwicklungsplan zu werfen, in dem die Idee einer Erweiterung des Kreisels wegen ‚städtebaulicher Zerschneidungswirkung‘ als nicht zu rechtfertigender ‚Eingriff in Natur und Umwelt‘ abschlägig beschieden wird.

Und nicht zuletzt widerspreche die Planung den zukunftsorientierten Beteuerungen der beteiligten Verantwortlichen bei der Ausrufung des Klimanotstands in Saarbrücken. Mit dem Klimanotstand hat sich der Stadtrat verpflichtet, die Auswirkungen auf das Klima bei allen Entscheidungen zu berücksichtigen. In der Verwaltungsvorlage für die Baumaßnahme fehle jedoch die geforderte Betrachtung der ökologischen und Klima-Folgen. Für die Verbände ein klares Versäumnis, für das sie sich eine Erklärung wünschen.

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